Leben mit Silber
Ein Hochgenuss - frischer Spargel & edles Silber
Sicher, den ersten heimischen Spargel gab es schon zu Ostern – gut, aber teuer. Jetzt stehen bei uns in der Holledau überall die Standl mit dem tagesfrisch gestochenem Spargel, der aus der Nachbarregion, aus Schrobenhausen und Abensberg kommt, das Spargeleldorado von Bayern. Immer noch sehr gut, aber wesentlich günstiger. Jetzt heißt es wieder „Spargel satt“. Das edle Gemüse kommt bei mir zwei bis drei Mal die Woche auf den Tisch - in allen erdenklichen Variationen: Gekocht, gebraten, gratiniert, überbacken, im Salat, in der Suppe oder den Ravioli, als Ragout, Quiche oder Flammkuchen. Für ein glanzvolles „Spargelfest“ braucht es neben interessanten Rezepten, zum Beispiel ein Lachs-Ceviche mit marinierten Spargelspänen, auch ein besonderes Silberbesteck. Bemerkenswert finde ich die Tatsache, dass das wohl meist gekaufte Vorlegebesteck aus Silber ein Spargelheber oder eine Spargelzange ist. So kenne ich in meinem Bekanntenkreis viele Leute, die mit Silber nicht "viel am Hut haben", aber, obwohl die Saison nur kurz ist, einen dekorativen Spargelheber aus Silber besitzen sie alle! Ja, das edle Gemüse verdient ein edles Besteck. Zum Sortiment vieler, umfangreichen Bestecke, gehörten Spargelheber - oder Zangen, beide spielten aber auch schon immer ausgefallene Solorollen! So ist es nicht verwunderlich, dass sie mit viel Liebe zum Detail, mit raffinierten Dekoren und außergewöhnlichen Verzierungen, gemacht wurden. Ein paar, wie ich finde, besonders schöne Exemplare stellen ich Ihnen hier vor:
Die große und massive Spargelzange mit schönem Jugendstilmotiv kommt von Peter Bruckmann & Söhne aus Heilbronn um 1905, die Zange mit den durchbrochenen Blüten auf beiden Greifern, stammt aus Wien vom berühmten Hoflieferanten Carl Klinkosch, die Dritte im Bunde wurde in den Niederlanden, von der nicht minder bekannten Firma van Kempen gearbeitet. Bei den Spargelhebern aus Deutschland, Belgien und den USA sehen wird fantasievolle Oberteile in schönen Durchbrucharbeiten, der Art Déco Heber präsentiert sich zudem mit einem feinen Hammerschlagdekor. Diese Heber sind für den Spargel gemacht, was mich allerdings nicht davon abhält, meinen Heber auch für Pasteten oder kleine Törtchen im Rest des Jahres zu verwenden.
Auf dem großen Bild sehen Sie eines meiner Lieblingsstücke mit einem meiner Lieblings-Spargelgerichte: Eine schwere Sautierpfanne auf Rechaud mit einem Ragout aus grünem und weißem Spargel, Huhn und Kartoffeln in Wein-Sahnesauce. Die Bezeichnung „sauté“ stammt vom französischen Wort für springen. Die Idee war, dass kochende Gerichte nicht viel Zeit haben sollten, sich am Boden anzusetzen, sondern sie sollten vielmehr über den Pfannenboden springen. Bei einer Sauté Pfanne handelt es sich also um eine elegante Pfanne, in der bei großer Hitze ein Gericht schnell und frisch am Tisch zubereitet werden konnte. Klein geschnittene Zutaten sollten sehr heiß und zügig vermengt werden, was nur durch einen großen Brenneinsatz möglich war. Dazu ist die Pfanne in ein Fußgestellt eingelassen, in dem sich der Brenner befindet, der mit Spiritus betrieben wurde. Im Grunde genommen ist die „gesunde Sauté Pfanne“ als europäischer Vorläufer des Woks zu bezeichnen.
Nur noch sehr selten finden wir einen kompletten dreiteiligen Satz, wie diesen hier von der Firma Howard & Co, (Zusatz: "High quality sterling") aus New York um 1880. Für das Spargelragout sollten Kartoffeln und auch der Spargel vorgegart sein, um diesen dann mit dem kurz angebratenen Huhn zu vermischen und mit Weißwein und Sahne abzulöschen. Wer dieses oder ein anderes Gericht nicht direkt am Tisch zubereiten möchte, kocht es in der Küche und serviert es dann in der Pfanne auf den Tisch – ein Hingucker und immer gut warm gehalten. Vielleicht versuchen Sie es mal mit Crépe Suzette, der Nachtischklassiker, der bei Tisch zubereitet wird, ganz wie es in den Restaurants berühmter Grand Hotels nach wie vor üblich ist. Das diese Sauté Pfanne auch eine originelle Sauciere sein kann, versteht sich fast von selbst!
Und noch etwas hat jetzt schon Saison, wenn auch noch keine Hochsaison, da es den zarten Früchten, anders als dem mit Folien zugedecktem Spargel, auf dem freien Feld noch viel zu kalt ist: Die Erdbeeren. Ich kaufe sie aus den Gewächshäusern eines Biohofes, unweit von München und sie schmecken süß, saftig und herrlich „erdbeerig“. Die Hälfte wird in Aperol (der herbe Rhabarberlikör für den Aperol Spritz) gedünstet, die andere Hälfte mit Rohrzucker "mariniert" und
zusammen in einer kleinen Deckelschüssel serviert, wie ich sie so noch nie gesehen habe. Der hohe Standring - innen hohl – ist mit einem üppigen Rosenband geschmückt, Schüssel und Deckel sind im Hammerschlagdekor gearbeitet und ebenfalls mit Rosen verziert. Nur die kleine Aussparung für die Kelle/Löffel, unterscheidet sie von einer großen, dekorativen Deckeldose. Ein außergewöhnliches Stück, das bei Bruckmann & Söhne 1913 entstand. Ob sie nun für Kompott, Kartoffelsalat oder Sauce Hollandaise verwendet wird, ist dieser eleganten Schönheit egal, Hauptsache sie kommt auf den Tisch.
Übrigens: Ein Silberkorb mit Erdbeeren, eine Overlay-Karaffe mit Fruchtlikör oder ein Bund Spargel zusammen mit einem edelen Spargelheber sind als Kombination von köstlich und kostbar, wundervolle Geschenke - auch zum Muttertag!
Genießen Sie den Wonnemonat Mai, die kurze Zeit von Spargel und Erdbeeren - und den mit Silber schön gedeckten Tisch.