Silbersuite

Das besondere Silberobjekt

Kunststuecke

Nicht jeden berühmten Menschen, kann und muss man kennen – wahrlich kein Manko. Dies gilt um so mehr, wenn es um spezielle Bereiche des Lebens, der Kunst und Kultur geht, für die man Leidenschaft oder zumindest Interesse haben muss, um sich darüber umfangreiches Wissen und Kenntnis anzueignen.

Ich möchte Ihnen hier Silber des 20. Jahrhunderts vorstellen, kunstvolle Designstücke und die Entwerfer und Firmen, die sie schufen. Namen, die nicht jedem geläufig sein werden, in Insiderkreisen aber mit Hochachtung und Bewunderung genannt werden. In dem früher erschienen Magazinartikel „Moderne Zeiten“ verweise ich darauf, dass die Silberobjekte, wie anderde Kunst-und Kunsthandwerkgegenstände auch, der letzten Jahrhunderte von den Stilepochen, aber sehr wohl auch von den technischen Möglichkeiten und dem Zeitgeschmack, sowie dem Gebrauchsbedarf bestimmt wurden. Als ca. Mitte des 19. Jahrhunderts die zunehmende Industrialisierung die handwerklichen Meisterstücke der kleinen Werkstätten verdrängte und durch Silber „in Serie“ für einen immer größer werdenden Bedarf ersetzte, regte sich im fin de siècle Widerstand bei einer neu entstandenen Künstlerelite gegen allzu Profanes und Massenware. Sie standen für neue Werte, revolutionäre Sichtweisen, moderne Ideen. Es entstand eine neue Kunst, d i e Neue Kunst, das Art Nouveau. Getragen wurde die Neue Kunst durch berühmte Architekten, Künstler und Entwerfer in ganz Europa: Josef Hoffmann und Koloman Moser gründeten 1903 die Wiener Werkstätten, Walter Gropius 1919 sein „Bauhaus“, in der Künstlerkolonie Darmstadt trafen Designgrößen wie Peter Behrens und Joseph Maria Olbrich zusammen, der Innenarchitekt Charles Rennie Mackintosh, sowie der Schriftsteller Elbert Hubbard standen prominent für die Arts-and-Crafs-Bewegung in England und Georg Jensen schuf d e n „Dänischen Stil“, der Weltkarriere machte.

Wir bleiben in Deutschland:

Orivit – Kunst und Technik

Dass eine große Firma mit einem umfangreichen Sortiment nicht gleich Massenware bedeutet, zeigt die Firma Orivit in Köln-Braunsfeld mit beeindruckender Prägnanz. Der Kaufmann Ferdinand Hubert Schmitz gründete 1894 die „Rheinische Broncegießerei“. Schmitz war ein „Macher“ und Visionär mit ständig neuen Ideen, Mut zu Innovationen und Risikobereitschaft. So produzierte er nur zwei Jahre später Zier- und Gebrauchsgegenstände aus „Orivit-Metall“. Ein Zinnmetall, bei dem die sonst übliche Britannia-Metall-Legierung - eine Mischung aus Zinn, Kupfer und Antimon - Silber beigemischt wurde. Das verlieh dem Zinn, vor allem, wenn es poliert und mit transparenten Farblacken veredelt war, einen einmaligen, irisierenden Glanz und so - fast widersprüchlich zur gewohnten, "rustikalen Optik des Zinns"- eine hohe Eleganz. Im Jahr 1900 wurde die Firma eine Aktiengesellschaft und bekam den Namen „Orivit AG für kunstgewerbliche Metallarbeiten“. Die Orivit-Entwürfe waren auch für ihre Zeit außergewöhnlich und erhielten zu Recht bei allen großen Ausstellungen hohe Auszeichnungen, so zum Beispiel die Goldmedaille bei der Weltausstellung 1900 in Paris. 1903 wurde das Sortiment mit Reinsilberobjekten, in hohem Feingehalt und niedriger Auflage, erweitert. Auch Orivit Dekordetailhierbei ging Ferdinand Schmitz, neue, außergewöhnliche Wege. Die Silberobjekte wurden mittels eines hydraulischen Pressverfahrens aus einem Stück hergestellt, ganz wie die Silberschmiede des 18. Jahrhundert auch Ihre Silberteile aus einem Stück formten. Die Presse, die mit hohem Wasserdruck arbeitete, hatte eine unvergleichliche Exaktheit, die jedes Entwurfsdetail 1 zu 1 in großer Schärfe wiedergab, ohne Abschwächung oder Abflachung der Dekore, wie sie bei „normalen“ Pressverfahren üblich sind. Schmitz besaß die Patentrechte für die nach seinem Erfinder benannte „Huber-Presse“. Für diese Arbeiten erhielt er auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 die höchste Anerkennung: Zwei Grand Prix und eine Goldmedaille. Gelohnt hat es sich dennoch nicht. Die Entwicklung und Anwendung dieser enorm aufwändigen Technik, brachte 1905 das finanzielle Aus, die Orivit AG wurde von WMF (Württembergische Metallwarenfabrik) übernommen.

Hermann Gradl war seit 1898 der künstlerische Leiter von Orivit und bestimmte „mit seinen floralen, von einer graphischen Akkuratesse und Eleganz lebenden Entwürfen“ (Literatur: Kunst des 19. Jahrhunderts im Rheinland von E. Wagner) den ganz eigenen und unverwechselbaren Stil der Orivit-Objekte. Auf dem großen Bild sehen Sie eines dieser kunstvollen Sterlingsilberobjekte, ein Tee-und Kaffeeservice mit Tablett. Es wurde 1905 gefertigt. Die Technik der „Huber Presse“ beeinflusste nicht nur den „aus-einem-Guss-Look“, sondern hatte auch große Auswirkung auf die Stärke des Silbers und damit dem Gewicht der einzelnen Teile. Ein Sahnekännchen mit über 300 Gramm, die Zuckerdose mit einem Gewicht von 370 Gramm, das Tablett hat 1.400 Gramm, alles zusammen kommt dieses Service auf beachtliche 3,7 Kilo. Die meisten dieser seltenen Silberproduktionen stehen heute in Museen oder befinden sich in privaten Sammlungen – und eines steht in jetzt in der Silbersuite.

Karl Groß – Meister aller Klassen

Karl Groß war Goldschmied, Bildhauer, Entwerfer, aber auch Publizist und Pädagoge. Groß stammte aus einer Steinmetzfamilie in Fürstenfeldbruck. Als die Familie nach dem frühen Tod des Vaters nach München zog, kam der künstlerisch begabte Karl erst 14jährig an die Münchner Kunstgewerbeschule. Dort wurde er von dem Goldschmied Fritz von Miller unterrichtet und blieb nach der Ausbildung in dessen Werkstatt tätig.Große Aufmerksamkeit erhielten seine Silberarbeiten mit stilisierten Pflanzenmotiven, bei der Internationalen KunstausstellungKarl Gross Pokal im Glaspalast München 1897, bei der Karl Groß mit Designgrößen wie Richard Riemerschmid und August Endell, seine Ideen für einen „modernen“, einen minimalistischen Jugendstil präsentierte.Nach diesem Erfolg machte er sich selbständig und ging als Goldschmied und Bildhauer nach Dresden, wo er 1898 Dozent für Goldschmiedekunst und Architekturplastik in der Dresdner Kunstgewerbeschule wurde, der er von 1914 bis 1933 auch als Direktor vorstand. Nicht einverstanden mit den pädagogischen und künstlerischen Zielen der Nationalsozialsten, reichte er seinen vorzeitigen Ruhestand ein. Er starb 1934. Groß war in seinem Können enorm vielseitig. Als Silberschmied fertigte er Bestecke, Leuchter, aber auch Treppengeländer und rieseige Kronleuchter. Von ihm stammt das Ratssilber der Stadt Dresden– Tafelaufsatz, Wandbrunnen, Wappen, Innungspokale etc., sowie die Goldene Pforte – das Rathaus wurde 1945 zerstört und mit ihm die Werke von Karl Groß. Seine Arbeiten als Bildhauer - Altäre, Kanzel, wunderbare Ornamentik und Büsten von Paulus und Martin Luther - schmückten die Dresdner Kirchen und schmücken einige noch heute, sofern sie nicht, wie die Kreuzkirche oder 12 Kuchengabeln KarlGrossdie Zionskirche, 1945 zerstört wurden. Den Pokal von Karl Groß, den ich hier vorstelle, Sie können ihn gerne als Champagnerkelch benutzen, als das war er gedacht, wurde erstmals auf der Kunstausstellung Dresden 1899, in einem von ihm persönlich eingerichteten Ausstellungsraum gezeigt. An diesem Beispiel ist wunderbar die moderne Eleganz, wie Groß „seinen Jugendstil“ interpretiert hat, zu sehen. Ein wie in der Natur gewachsener Blumenstengel, an dessen Enden zarte Blüten angedeutet sind, verbindet den schlichten Fuß mit der ebenso schlichten, glatten Kuppa des Pokals. Ein kleines Kunstwerk. Im Warenangebot finden Sie auch Teile seines berühmten Besteckes, Modell 5401, das er 1915 entwarf und bei Bruckmann & Söhne in Heilbronn produziert wurde

Willi Stoll - Kunstschaffender Handwerker

Wilhelm Stoll, geb. 1907, lernte bei Lutz & Weiß in Pforzheim das Handwerk des Stahlgraveurs, danach besuchte er die Kunstgewerbeschule in Pforzheim. Willi Stoll ging nach Berlin und erhielt einen begehrten Arbeitsplatz in der Firma des berühmten Juweliers und Goldschmiedes Ferdinand Richard Wilm. 1930 wechselt er zu dem nicht minder renommierten Juwelier Ernst Treusch nach Leipzig. Als sich Treusch 1932 von Stoll trennt, ist es Zeit für die Selbstständigkeit. Die „Kunstgewerbliche Werkstätte Willi Stoll“ zeigt Außergewöhnliches und sehr Modernes aufZucker Sahne Willi Stoll Messen und Ausstellungen und erhält 1937 für ein Schmuckstück die Goldmedaille bei der Paris Weltausstellung. Willi Stoll fertigte nach eigenen Entwürfen Korpusware und Schmuckstück Immer sind es Handarbeiten, die ohne maschinelle Hilfe ausgeführt wurden. Eine Drückbank suchte man in der Werkstatt von Stoll vergeblich. Auch, hoch selten in dieser Zeit, waren die modernen Formen der funktionalen Bestecke der 30er Jahre, allesamt handgeschmiedet. Leipzig wurde DDR, keine einfachen Gegebenheiten für einen kunstschaffenden Handwerker. Die Materialzuteilung war auf 10 Kilo pro Jahr begrenzt, die nötigen Werkzeuge waren Eigenanfertigungen, Stolls Ausbildung als Stahlgraveur machte es möglich. So konnte er, notgedrungen, viel Zeit und Liebe in seine seltenen Silberobjekte investieren. Noch wenige Tage vor seinem Tod 1989, arbeitete Willi Stoll, nach wie vor mit Leidenschaft, in seiner Werkstatt.

Burg Giebichenstein – Schule der Künstler

Die Kunstgewerbeschulen spielten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert eine ganz bedeutende Rolle für das Kunsthandwerk. Berühmte Künstler, die ganz großen Namen dieser Zeit, leiteten diese Schulen und gaben ihr Wissen, ihr Können und ihren künstlerischen Input an die Platte Giebichenstein magazinbegabten Kunsthandwerker von morgen weiter. Hermann Muthesius, einflussreicher Architekt, preußischer Baubeamter, und Mitbegründer des Deutschen Werkbundes Preußens, war von 1896 bis 1903 als Kultur-Attaché an der deutschen Botschaft in London und verfasste dort unzählige Berichte über Architektur und- das lag ihm besonders am Herzen - Kunsterziehung und Kunstgewerbeerziehung. Nach seiner Rückkehr 1904 reformierte er die preußischen Kunstgewerbeschulen grundlegend und brachte sie auf „modernen Kurs“. In Berlin leitete Bruno Paul die Schule, in Düseldorf war Peter Behrens von 1903-1907 der Direktor, in Breslau Hans Poelzig. Der Architekt Paul Thiersch übernahm 1915 die Leitung der Kunstgewerbeschule Halle, die neben dem Bauhaus zur bedeutendsten Kunstschule der Weimarer Zeit avancierte. 1921 zog die Schule aus den engen Räumen in der Stadt auf die Burg Giebichenstein (wo sie heute noch als "Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle" junge Talente ausbildet ). Im Mittelpunkt der modernen Kunstgewerbeschule stand die praktische Ausbildung. Aus der einmaligen Mischung von künstlerischem Anspruch, neuen Designideen und solidem Handwerk, entstanden hier auf der „Burg", ObjekteDie Burg von beachtlicher Aussagekraft. Das diese Objekte meist Einzelstücke blieben, versteht sich von selbst. Ähnlich wie im Bauhaus, kamen einige Prototypen in kleiner Auflage zur Produktion. Der große Teller aus Sterlingsilber entstand 1927/1928. Der feine Hammerschlagdekor dokumentiert die präzise Handarbeit, die Gestaltung des Dekors zeigt, trotz klassischer Motivwahl von Vögeln, Blättern, Blüten und Früchten, eine überraschende Modernität.

Karl H BröhanMetallkunst Silber Kupfer Messing Zinn Vom Jugendstil zur Moderne 1889 1939 Sammlung

Für diejenigen, die sich näher mit dem Design des 20. Jahrhunderts, den Firmen und Entwerfer beschäftigen und informieren wollen, möchte ich das Buch/Katalog "Metallkunst - Silber, Kupfer, Messing, Zinn - Vom Jugendstil zur Moderne 1889 - 1939", Sammlung Karl H. Bröhan- Berlin, Band IV empfehlen, aus dem auch ich viel dazugelernt, Neues erfahren und hier verwendet habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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